Jüdisches Gotteshaus wird zum Lernort
Synagogen-Umbau: Offizieller Baubeginn für das 1,7-Mio.-Euro-teure Projekte in Fellheim - Überregional bedeutsam
Am heutigen Mittwoch hätte Anne Frank ihren 84. Geburtstag feiern können. Das jüdische Mädchen, das mit seinem Tagebuch weltweit Bekanntheit erlangt hat, wurde von den Nazis im März 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen ermordet. CSU-Landtagsabgeordneter Josef Miller erinnerte gestern auf den Eingangsstufen zur ehemaligen Synagoge in Fellheim (siehe auch Infokasten) an Anne Frank. Denn der Dienstag war „ein historisches Datum für die Gemeinde“, wie es Bürgermeister Alfred Grözinger ausdrückte: Zurückhaltend, ohne Bagger und Schaufeln, wurde offiziell mit dem Projekt „Um- und Rückbau“ der ehemaligen Synagoge an der Memminger Straße begonnen. Aus diesem Grund fanden sich zahlreiche Ehrengäste vor dem ehemaligen jüdischen Gotteshaus ein, das seit 2007 der Gemeinde gehört.
1,7 Millionen Euro sind nach Angaben von Bürgermeister Grözinger für das Vorhaben veranschlagt. Doch nur einen Teil davon muss die Gemeinde selbst stemmen: 1,43 Millionen, also rund 85 Prozent der Kosten, fließen in Form von Zuschüssen und Spenden, und zwar aus verschiedenen Töpfen. Ein Beispiel: Für die Sanierung des Gebäudes stellt Landwirtschaftsminister Helmut Brunner über das „Amt für ländliche Entwicklung Schwaben“ rund 400000 Euro aus dem Dorfentwicklungsprogramm zur Verfügung. Wie Brunner gestern in München mitteilte, sei die Sanierung der ehemaligen Synagoge eine „Schlüsselmaßnahme für die Dorferneuerung in Fellheim“ und leiste einen „wertvollen Beitrag“ zur Stärkung des Ortskerns. „Die einstige Synagoge wird damit wieder ein kulturelles Zentrum in der Region und zugleich Ort der Begegnung sein“, sagte der Minister. Ähnlich äußerte sich auch Leitender Baudirektor Ferdinand Bisle, der Brunner in Fellheim vertrat. Der Umbau des einzigen noch erhaltenen Synagogengebäudes im Allgäu soll zwei Jahre dauern. Das Ziel hat der seit 2010 bestehende „Förderkreis Synagoge Fellheim“ wie folgt formuliert: Das Gebäude solle einerseits wieder als einstige Synagoge erkennbar werden; andererseits sollten neue, nicht sakrale Nutzungen ermöglicht werden.
1938 verwüstet
Nach den Vorstellungen des Förderkreises soll das 1938 im Zuge der Reichspogromnacht verwüstete, seit 1950 als Wohnhaus genutzte und zuletzt leer stehende Gebäude künftig ein Hauptbestandteil des pädagogischen Konzeptes „Lernort jüdische Landgemeinde“ werden. Dazu gehört auch der jüdische Friedhof hinter der Synagoge. Landrat Hans-Joachim Weirather betonte, dass das Projekt weit über die Gemeindegrenzen hinaus, „für den gesamten südlichen Teil von Bayerisch-Schwaben“, bedeutsam sei. Dass es sich dabei um etwas ganz Besonderes handle, unterstrichen auch Zuschüsse des Landkreises und des Bezirks in Höhe von jeweils 200.000 Euro.
Bürgermeister Grözinger würdigte Josef Miller, „der viele Türen für uns geöffnet hat“. Der Abgeordnete wiederum dankte allen, die hinter dem Synagogen-Projekt stehen, und betonte: „Nur wer weiß, welche Folgen Fanatismus, Extremismus und Terrorismus nach sich ziehen, kann sich dagegen zur Wehr setzen. Dieses Verantwortungsbewusstsein ehrt den Ort Fellheim und seine Bürger.“