Aktuelles
24.02.2025, 16:15 Uhr
Synagoge Fellheim als Schulort für Mittelschulen
Pressegespräch mit Staatsminister a.D. Josef Miller
Von Josef Miller:
Finanzierung ermöglicht – Gemeinde nicht über Gebühr belastet
Der Gemeinderat in Fellheim hat mit dem Rückbau und der denkmalgerechten Restaurierung der Ehemaligen Synagoge Mut und Weitsicht bewiesen. Um die finanzielle Belastung der Gemeinde in Grenzen zu halten, habe ich angeboten, die Beschaffung von öffentlichen Finanzmitteln zu übernehmen. Ich wollte eine Diskussion in der Gemeinde verhindern, dass für die Ehemalige Synagoge Geld ausgegeben wird, das der Gemeinde dann für die notwendigen Aufgaben der Bürger fehlt. Mich beeindruckt, wie die Gemeinde zur Synagoge steht und stolz darauf ist. Fellheim ist der einzige Standort mit einem erhalten gebliebenen Synagogengebäude im Allgäu.
Mir geht ein Gespräch mit dem französischen Landwirtschaftsminister Hervé Gaymont in Paris nicht mehr aus dem Sinn. Er fragte mich beim Mittagessen: „War Ihr Vater im Krieg, wo war er, gab es in der Familie im Ersten und im Zweiten Weltkrieg Gefallene?“ Weiter fragte er: „Haben Sie Kinder?“ Nach meinen Antworten stellte er bedächtig die Frage: „Können Sie sich vorstellen, dass unsere Kinder noch einmal aufeinander schießen?“ Meine Antwort: „Eigentlich nicht.“ Darauf erwiderte er: Dann machen wir eine bessere Politik als unsere Väter und Großväter. Aber mit zunehmendem Abstand von den damaligen Gräueltaten nimmt die Gefahr zu, dass sie sich wiederholen, und dass wir dafür gerüstet sein müssen.“
Demokratie bewahren
Wo kann die Verteidigung der Menschenwürde besser und eindringlicher vermittelt werden als in jüdischen Gedenkstätten. Die Würde des Menschen ist unantastbar – das ist die Antwort in unserer Verfassung auf die Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Wissen aus der Vergangenheit schützt vor Fehlern in der Zukunft. Wir sind nicht verantwortlich für das was war, aber dafür, dass es sich nicht wiederholt. Diese Aussage ist mir sehr wichtig. Wir alle möchten eine menschenfreundliche Gesellschaft und eine funktionierende Demokratie. Diese zu bewahren ist eine immerwährende Aufgabe.
Ich zitiere hier meinen Nachfolger Klaus Holetschek: „Die Ehemalige Synagoge hier in Fellheim ist ein lebendiges Mahnmal gegen das Vergessen. Sie erinnert uns an die Vergangenheit, mahnt uns in der Gegenwart und ermutigt uns, für eine Zukunft einzutreten, die von Toleranz, Respekt und Menschlichkeit geprägt ist. Gerade der Besuch von Schülerinnen und Schülern aus der Region ist ein wichtiger Beitrag und steht für gelebte Erinnerungskultur, die ich als Memminger Landtagsabgeordneter auch in Zukunft - etwa über den Förderkreis - weiter nachdrücklich unterstütze werde!“
10 Schulen nutzen künftig das Angebot der ehemaligen Synagoge als Lernort
Die Ehemalige Synagoge wird bislang hauptsächlich von Gymnasien aus der Region besucht. Eine Einbindung von Mittelschulen gab es bisher kaum. Vor kurzem habe ich mich deshalb mit Fellheims Bürgermeister Reinhold Schaupp und dem Memminger Landtagsabgeordneten und CSU-Fraktionsvorsitzenden im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, abgesprochen, dass ich gezielt zu den Leiterinnen und Leiter der Mittelschulen Kontakt aufnehme, um ihnen das Vorhaben „Lernort Ehemalige Synagoge Fellheim“ zu erläutern und dafür zu werben, dass es von ihren Schulen in Anspruch genommen wird. Alle haben sich in diesem Gespräch dazu bereit erklärt.
Den Anfang hat schon die ehemalige Leiterin der Lindenschule, Frau Schmid-Benecke gemacht. Eine Klasse der Lindenschule hat bereits mit ihr die Ehemalige Synagoge in Fellheim besucht und den Besuch als sehr gut bewertet. Es freut mich sehr, dass es mir gelungen ist, dass jetzt mit zehn Pilotschulen begonnen werden kann. Mir geht es darum, dass die Lehrer mit ihren Schülern mindestens einmal in ihrer Schulzeit zum „Lernort Ehemalige Synagoge“ nach Fellheim fahren und sich dieses Vorhaben als nachhaltig erweist. Der Förderkreis „Ehemalige Synagoge“ übernimmt unter der Leitung von Andreas Schraut die Führungen.
Transport der Schüler nach und von Fellheim gesichert
Eigentlich sollte zum Schülertransport die Eröffnung der Eisenbahnhaltestelle in Fellheim abgewartet werden. Das ist mir zu ungewiss und dauert zu lange. Ich habe deshalb nach Lösungen gesucht und sie gefunden. Der Inhaber der Firma Angele, Herr Petermann, gewährt einen Sondertarif für die Beförderung. Von Schulleiterin Monika Seybold gibt es eine Zusage für die Übernahme der halben Buskosten durch das „Netzwerk SCHULWIRT-SCHAFT Memmingen/ westl. Unterallgäu“. Die Lindenschule hat die Linienbusverbindung in Anspruch genommen.
Interessen von Schulklassen an einem Besuch der Synagoge in Fellheim mit Information, Film und Führung durch den Ort.
Mittelschule 87727 Babenhausen
Sebastian-Kneipp-Mittelschule 87730 Bad Grönenbach
Mittelschule, 87746 Erkheim
Mittelschule 87764 Legau,
Mittelschule 87733 Markt Rettenbach
Mittelschule 87766 Memmingerberg
Mittelschule 87724 Ottobeuren
Mittelschule Bismarkschule
Lindenschule Mittelschule, 87700 Memmingen
Mittelschule 87700 MM-Amendingen
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Brief von Josef Miller:
Besuch der ehemaligen Synagoge in Fellheim durch Schulklassen aus dem Umkreis
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herzlichen Dank für das Telefongespräch, das ich mit Ihnen über die Einbindung eines Synagogenbesuchs in den Unterricht von Mittelschulen führen durfte, um unserer Jugend eine der dunkelsten Zeiten der Geschichte Deutschlands zu erklären.
Dazu ist ein kurzer Rückblick in die Vergangenheit notwendig. Der Rückbau von einem Wohnhaus wieder zur Synagoge wurde damals von einem Arbeitskreis im Rahmen der Dorferneuerung angestoßen. Bürgermeister Karl Schrägle hat mit dem Gemeinderat das Haus damals für die Gemeinde erworben. Von seinem Nachfolger Alfred Grötzinger wurde mit dem Beschluss des Gemeinderates der Umbau durchgeführt. Diese Aufgabe hat die Gemeinde auch für die gesamte Region übernommen.
Ich habe mich bei Landrat Hans-Joachim Weirather und Bürgermeister Alfred Grötzinger bereit erklärt, öffentliche Fördermittel einzuwerben. Nach meiner Ministerzeit war ich noch fünf Jahre Mitglied des Haushaltsausschusses sowie später Vorstandsvorsitzender der Bayerischen Landesstiftung und hatte damit Erfahrung von der Finanzierung solcher Vorhaben. Dies und die Tatsache, dass die Gemeinde Fellheim die Lasten des Rückbaues auf sich nahm, rechtfertigten eine besonders hohe öffentliche Förderung. Dies ist mir gelungen.
Es war ein großer Verdienst von Frau Dr. Veronika Heilmannseder, das Gebäudes aufgrund seiner guten Akustik für klassische Musik zu nutzen. Sie ist auch Kuratorin des Geschichtsweges in Fellheim.
Inzwischen wird die Synagoge von Klassen des Vöhlin Gymnasiums Memmingen besucht, dessen Leiter Oberstudiendirektor Christian Herrmann der 1. Vorsitzender des Fördervereins war. Die Memminger Sebastian-Lotzer-Realschule hat inzwischen ebenfalls Kontakt aufgenommen. Eine Einbindung der Synagoge in den Mittelschulen gab es bisher kaum. Ein neuer Versuch sollte nach der Errichtung eines Bahnhaltes in Fellheim durch die Bundesbahn erfolgen. Das kann allerdings noch viele Jahre dauern.
Ich schätze Ihre Arbeit, liebe Schulleiterinnen und Schulleiter. Den Lehrerinnen und Lehrern verdanke ich nach meinen Eltern am meisten für mein Leben. Sie leisten einen wesentlichen Anteil zur Wahrung der Grundrechte im Grundgesetz. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Wo könnte die Verteidigung der Menschenwürde eindringlicher vermittelt werden als in jüdischen Gedenkstätten, wie in der Synagoge in Fellheim Wir möchten eine menschenfreundliche Gesellschaft und eine funktionierende Demokratie. Diese zu bewahren ist eine immerwährende Aufgabe. Nichts kommt von selbst. Wir alle müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen, um unsere demokratischen Werte zu erhalten.
Ich möchte aus meinen Erfahrungen der Vergangenheit den Anfang noch mitgestalten. Deshalb habe ich mit Ihnen telefoniert und Sie von dem Vorhaben unterrichtet. Mit Bürgermeister Reinhard Schaupp habe ich diese Vorgehensweise abgesprochen, die er voll unterstützt. Es freut mich, dass die Schulleiterinnen und Schulleiter der von mir angesprochenen Mittelschulen aus der näheren Umgebung dem Vorhaben sehr positiv gegenüberstehen.
Bürgermeister Reinhard Schaupp kann damit, nachdem die Synagoge im Besitz der Gemeinde ist, Kontakt mit dem Förderverein aufnehmen, der diese Führungen durchführt. Danach sollte mit den zehn aufgeführten Schulen im Umkreis das Pilotvorhaben begonnen werden, um Erfahrungen zu gewinnen. Es sollte dann der Kontakt mit dem Bürgermeister aufgenommen werden. Den Anfang hat schon die Leiterin der Lindenschule Frau Elke Schmid-Benecke gemacht. Eine Schulklasse der Lindenschule war bereits in der Synagoge Fellheim. Die Ergebnisse wurden in dem angehängten Zeitungsartikel veröffentlicht.
Bezüglich der Erreichung der Synagoge durch die Schulklasse kann ich Ihnen Folgendes berichten:
1. Der Inhaber der Firma Angele, Herr Petermann, gewährt einen Sondertarif
2. Zusage von Schulleiterin Monika Seybold für die Übernahme der halben Buskosten durch das „Netzwerk SCHULWIRTSCHAFT Memmingen/ westl. Unterallgäu“ Sie benötigt von den Schulen die Rechnungen und die Kontoverbindung. Das heißt, die Schulen gehen in Vorleistung gegenüber dem Busunternehmen, das Netzwerk überweist auf das Schulkonto.
3. Benutzung bestehender Linienbusverbindungen von Memmingen nach Fellheim
Die weitere Organisation und Durchführung sehe ich bei Ihnen mit der Unterstützung des Schulamtes in guten Händen und danke Ihnen im Voraus ganz herzlich für Ihr Engagement.
Mit freundlichen Grüßen, Ihr Josef Miller
Bildunterschrift
Die Ansprechpartner bei der Pressekonferenz:
(linke Gruppe, von links): Dr. Michael Bußer (Förderkreis Ehemalige Synagoge), Christine Schneider (Gemeindemitarbeiterin), Andreas Schraut (Vorsitzender des Förderkreises „Ehemalige Synagoge“, verantwortlich für die Führungen), Reinhold Schaupp (Bürgermeister Fellheim).
(rechte Gruppe, von links): Josef Miller (Staatsminister a. D.), Elke Schmidt-Benecke (Schulrätin im Landkreis Unterallgäu), Klaus Holetschek (Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Landtag), Christian Hermann (ehemaliger Vorsitzender des Förderkreises). Foto: privat
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